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  • Zwei Personen blicken in die Kamera und halten jeweils eine grün-schwarz gestreifte Stange in die Kamera, sodass sie aus dem Bild läuft. Dier Person links trägt ein Hasekostüm und eine Brille. Dier Person rechts trägt ebenfalls eine Brille über einer Kaputze. Im Hintergrund sind Luftballons und Luftschlangen zu sehen.
  • Ansicht eine Videokonferenz. AUf den Kacheln sind unterschiedliche Teilnehmende zu sehen, darunter ein Stofftier-Igel, ein Schaf und eine Person mit Partyhütchen und Girlande.
  • Ein zweigeteilter Bildschirm. Links im Bild ist eine Person mit Sonnenbrille und Marienkäferkostüm zu sehen. Die Person rechts im Bild trägt eine große schwarze Hornbrille und einen beigen Kaputzenpulli. Hier sind im Hintergrund Luftballons und Luftschlangen zu sehen.

Weil heute mein Geburtstag ist

Das #nrwzeigtkultur-Projekt in Gütersloh

Von Stefan Keim

 

Die United Puppets zeigen ihr Stück „Weil heute mein Geburtstag ist“ live und interaktiv auf Zoom. Kindertheater hat es besonders schwer in der Pandemie. Es ist kaum vorstellbar, dass Kinder eine Stunde oder länger vor einem Stream sitzen. Deshalb habe viele Theater für ein junges Publikum andere Formen entwickelt. Besonders beliebt ist die Videokonferenz. Die Zuschauer*innen werden per Endgerät zugeschaltet, direkt angesprochen und können sich an festgelegten Stellen an der Aufführung beteiligen. So funktioniert auch das Stück „Weil heute mein Geburtstag ist“ von den United Puppets aus Berlin.

 

Das Label von Melanie Sowa und Mario Hohmann arbeitet mit verschiedenen Theaterformen, die immer mit Puppen zu tun haben. In „Weil heute mein Geburtstag ist“ zeichnet Mario Hohmann für Regie, Video und Musik verantwortlich. Während Melanie Sowa das Publikum begrüßt und erst einmal erklärt, wie Zoom funktioniert, wie man Kamera und Ton ein- und ausschalten kann. Als Host kann sie helfen, wenn jemand die richtigen Buttons nicht findet.

„Es ist uns sehr wichtig, was passiert, bevor das eigentliche Stück losgeht“, erzählt Mario Hohmann. Immer mehr Kameras schalten sich an, Menschen werden sichtbar. Manche kennen und begrüßen sich. Es ist wie im Foyer vor einer Live-Vorstellung. Wenn das Stück losgeht, ist zunächst das Geburtstagskind groß im Bild. Saskia, die Schildkröte, wird 250 Jahre alt. Sie hat noch nie gefeiert, und wenn sie auf Feten von anderen eingeladen war, kam sie meistens zu spät. Eine Schildkröte ist halt nicht so schnell. Beim Telefonat mit ihrer Mutter fällt ihr ein, dass sie zwar Ballons und Luftschlangen, Kirschsaft und Götterspeise besorgt hat. Aber sie hat vergessen, Gäste einzuladen.

Also hängt sie schnell ein Schild nach draußen. Und wahrhaftig klingelt es an der Haustür. Nun teilt sich der Bildschirm. Neben Yoshii Riesen als Schildkröte ist im zweiten Bild Melanie Sowa in wechselnden, übrigens sehr lustigen Tierkostümen zu sehen. Beide spielen an verschiedenen Orten, reichen sich aber an der Kamera vorbei Geschenke, Essen und Trinken an. Ein hübscher Effekt, der auch bei privaten Zoom-Kaffeetrinken gern ausprobiert wird.

Nur leider kommt so keine richtige Party zustande. Es ist immer nur ein Gast anwesend. Und so richtig klappen die gemeinsamen Spiele nicht. Ein Hund schenkt der Schildkröte ein Stöckchen, hat aber keine Geduld, abzuwarten, wenn sie es holt. Ein Feinschmecker-Frosch mag das angebotene Essen nicht, weil zu wenig Insekten dabei sind. Ein DJ-Käfer will eigentlich nur engagiert werden, ein Hase ist sauer, wenn er bei den Spielen nicht gewinnt. Der Frust wächst in der Schildkröte. Sie hatte sich auf den Tag sehr gefreut, schließlich wird man nur einmal 250.

„Mein Körper ist nicht für Theaterstreams gemacht“, erzählt Mario Hohmann im Gespräch. „Ich werde schnell unkonzentriert und mache parallel was anderes.“ In seiner Inszenierung hält er das Tempo hoch, die Szenen sind kurz, ohne dass sie gehetzt wirken. Saskia Schildkröte wächst einem schnell ans Herz. Sie freut sich über jedes Klingeln, über jedes Geschenk, auch wenn es auf den ersten Blick absurd wirkt. Sie probiert alles aus, möchte einfach eine tolle Party haben.

Die Mutter hat Saskia übrigens ein Erinnerungsbuch geschenkt. Wenn sie es aufschlägt, sieht man Videos, die ins Buch hineinmontiert erscheinen, ein schöner technischer Effekt. Überhaupt gehen die United Puppets kreativ mit dem Medium der Zoomkonferenz um. Achtung, Spoilerlaram, ich muss hier den Schluss erzählen! Kurz vor dem Ende hat die Schildkröte resigniert und zieht den Kopf – auch das ein schönes, wenn auch trauriges Bild – in ihren Panzer zurück. Als es noch einmal klingelt, möchte sie gar nicht mehr öffnen. Sie hat keine Lust auf eine weitere Enttäuschung. Doch diesmal meldet sich Melanie Sowa ohne Tierkostüm, dafür mit dem Publikum. Alle sollen ihre Kameras anschalten, und der Bildschirm füllt sich wie im Spiel die Wohnung der Schildkröte.

Und dann wird noch zusammen gefeiert. Saskia ruft „Kommando Bimberle“, alle trommeln sich auf die Brust und folgen den weiteren Anordnungen der Schildkröte. Und nach einigen Minuten Hüpfen, Drehen, Nasebohren und Zähnefletschen fühlt man sich ziemlich gut, der Kreislauf ist aktiviert. Ich nehme mir vor, auch ohne Kindertheater öfter mal „Kommando Bimberle“ zu spielen.

Den United Puppets ist es gelungen, via Zoom ein witziges und berührendes Kinderstück zu produzieren. Sie machen in dieser Richtung weiter, erzählt Mario Hohmann, und sind im Kontakt mit Kliniken. Denn auch wenn Live-Vorstellungen wieder erlaubt sind, können die Theaterleute die Technik nutzen, um für kranke Kinder oder überhaupt für Leute, die aus unterschiedlichen Gründen nicht ins Theater kommen können, zu spielen. Das wäre dann sogar eine positive Folge der Pandemie.

 

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