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  • Eine Person mit einem rosa Rahmen. Der Rahmen ist geschmückt mit vielen Blumen.
  • Eine Person vor schwarzem Hintergrund. Er hält einen runden Rahmen vor den Kopf. Eine Hand hält ihm ein kleines Spielzeugmikrofon vor. Er lächelt und schaut in die Kamera.
  • Ein digital bearbeitetes Bild. Von einer Person, die einen runden Rahmen vor den Kopf hält. Das Bild ist in Streifen aufgeteilt. Einige Streifen sind verschoben.

(D)ein Ding: Im Rahmen bleiben – Aus dem Rahmen fallen

Düren

Von Nia Cherkassov

 

Was gibt mir im Leben Halt und was hält mich im Rahmen? Was lässt mich aus dem Rahmen fallen und was sprengt ihn? Angeregt durch diese Leitfragen ergründeten Jugendliche in dem Projekt „Im Rahmen bleiben – Aus dem Rahmen fallen“ ihre Lebensrealitäten in der Stadt Düren. Die Ergebnisse der Selbstreflexion fanden ihre Form in selbstgestalteten Rahmen, die anschließend wiederum einen Raum zur Selbstinszenierung in Fotografien boten. Geleitet wurde das Projekt von Tanja und Baruch Bürger, den Gründer*innen der transkulturellen Kunstinitiative Haus des Gemäldes in Düren.

  • Kunstsparte: Bildende Kunst
  • Alter der Teilnehmenden: 17 bis 21 Jahre
  • Zeitlicher Umfang: Mai bis Dezember 2022
  • Initiiert von: Haus des Gemäldes, Düren
  • Kooperationspartner*innen: Fabrik für Kultur und Stadtteil in Düren

 

Im Rahmen der Dürer Vielfalt

Von Mai bis Dezember 2022 stellte das Haus des Gemäldes, eine Kunstinitiative für kreativen Nachwuchs, ein künstlerisches Angebot für Jugendliche aus Düren zur Verfügung. In Kooperation mit der Fabrik für Kultur und Stadtteil in Düren übernahm die freischaffende bildende Künstlerin Tanja Bürger die Leitung des außerschulischen Projekts „Im Rahmen bleiben – Aus dem Rahmen fallen“, das sich vornehmlich an Jugendliche aus dem Stadtteil Düren-Südost richtete. In aufeinander aufbauenden Arbeitsphasen reflektierten, visualisierten und präsentierten die Teilnehmenden mithilfe gesetzter Leitfragen ihre diversen Lebensrealitäten in der Heimatstadt. Thematisiert haben sie dabei ihre Wünsche und Ängste, aber auch ihre Vergangenheit und Zukunftsvorstellungen. Diese Gefühlszustände und Wahrnehmungen wurden zunächst durch selbstgestaltete Rahmen künstlerisch aufbereitet. Diese dienten in einer abschließenden fotografischen Arbeit für die Jugendlichen als Requisite.

Bereits vor der Gründung der Kunstinitiative Haus des Gemäldes im Jahr 2020 war Tanja Bürger in der Kunstvermittlung aktiv – sie initiierte Kunstprojekte in Einrichtungen für Geflüchtete innerhalb Dürens und leitete Aktionen im Bereich Fotografie für Schüler*innen zum Thema Pandemiealltag. Mit einem Fokus auf eine transkulturelle und interdisziplinäre Arbeitsweise setzt sich die Initiative zum Ziel, verschiedenste Menschen miteinander zu verbinden, damit sie sich in einem offenen und dynamischen Raum gemeinsam künstlerisch betätigen und austauschen können.

Beweggrund für das Projekt „Im Rahmen bleiben – Aus dem Rahmen fallen“ war, jungen Menschen zu mehr Selbstsicherheit zu verhelfen. Insbesondere in der Pandemiezeit waren Jugendliche mit vielen Veränderungen, Einschränkungen und Herausforderungen konfrontiert. Aus diesem Grund wurde ihnen durch das Projekt in einer gemeinschaftlichen Atmosphäre der Raum gegeben, schöpferisch Einblicke in ihre Gefühlswelt zu ermöglichen. Besonders relevant war dabei, einen Bezug zum Lebensumfeld, dem Stadtteil Düren Süd-Ost, herzustellen, der alle Jugendlichen miteinander verband. Das Arbeiten im Team in jeder Arbeitsphase des Projektes stärkte diese Zugehörigkeit.

 

Die Teilnehmenden im Fokus

Die Kleingruppe setzte sich zusammen aus sieben Schüler*innen sowie Auszubildenden in Handwerksberufen im Alter von 17 und 21 Jahren, die im Dürer Stadtteil Süd-Ost wohnen. Da der interdisziplinare Ansatz des Projekts zum Ziel hatte, Handwerk, Fotografie und Grafik zu vereinen, wurde die gewünschte Zielgruppe hier erreicht.

Den Teilnehmenden war das Atelier des Haus des Gemäldes bereits als Einrichtung bekannt, da sie entweder in vergangenen künstlerischen Projekten partizipierten oder dort stattfindende Ausstellungen besuchten. Darüber hinaus waren ihnen Künstlerin und Projektleitung vertraut.

 

Thematische und materielle Annäherungen

Die Arbeitsschritte des achtmonatigen Projektes begannen mit einer Orientierungsphase im Mai, in der die Grundlagen für die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema erarbeitet wurden. Mittels Leitfragen fanden die Teilnehmenden einen Einstieg in das Projekt. Das Spektrum an Antworten umfasste Aspekte im Lebensumfeld der Jugendlichen, die ihnen Halt und Sicherheit boten, aber auch Herausforderungen und Überforderungen. Neben der Selbstreflexion fand zudem ein Gedankenaustausch über die möglichen künstlerischen und geometrischen Darstellungsformen der Rahmen statt, die im Fokus des Projekts standen. Die Teilnehmenden trafen eine Auswahl an Objekten und Materialien, die sie mit ihrer Kindheit oder einem Gefühlszustand verbanden oder die ihre Lebenseinstellung symbolisierten.

 

Nachhaltiges Handwerkeln

Die handwerkliche Arbeitsphase fand von Juni bis Juli in der Outdoor-Holzwerkstatt im Garten des Hauses statt, wo sich die Jugendlichen gegenseitig beim Bau, Schleifen und Grundieren ihrer etwa 80x100 cm großen Rahmen unterstützten. Durch die Nutzung des im Haus des Gemäldes vorhandenen Werkzeugs und eine bewusste Materialwahl wurde das Projekt so ökologisch nachhaltig wie möglich gestaltet. Auch das benötigte Baumaterial bestand zum Beispiel aus wiederverwertbaren alten Dachlatten, Fahrradreifen oder Papier sowie Fundstücken und Objekten aus den Sammlungen der Teilnehmenden. Durch eine Rekontexualisierung innerhalb eines Kunstwerks erhielten die Objekte einen neuen Wert, der überdies einen Teil der Persönlichkeit der jungen Künstler*innen widerspiegelte.

 

Digitale Fortführung des künstlerischen Prozesses

Von August bis Oktober begaben sich die Jugendlichen mit ihren fertigen Rahmen in die nächste praktische Projektphase: Ein Fotoshooting ermöglichte den Teilnehmenden, sich mit ihren Rahmen zu inszenieren. Den Jugendlichen war freigestellt, ob sie sich im hauseigenen Studio selbstporträtieren lassen oder die Kulisse des restlichen Hauses oder des Gartens nutzen.

Die entstandenen Fotografien wurden anschließend einer digitalen Bildbearbeitung unterzogen. Dies ermöglichte eine neue Form des künstlerischen Experimentierens durch die wirkungsvolle Veränderung von Farbe, Kontrast und Licht, das Hinzufügen von Effekten sowie das Auseinandernehmen und Neuanordnen der Bildelemente.

Zum Abschluss des Projektes wurden die Arbeitsprozesse zusammen mit den Ergebnissen in einer Broschüre dokumentiert. Die intensive Beteiligung der Jugendlichen an dieser Arbeitsphase diente insbesondere dazu, Auswahlkriterien aufzustellen, indem über die Qualität und Ausgewogenheit der zur Auswahl stehenden Werke diskutiert und entschieden wurde. Eine Präsentation der künstlerischen Ergebnisse hatte außerdem zum Zweck, nicht nur die entstandenen Kunstwerke, sondern auch die dahintersteckende Arbeit der Jugendlichen wertzuschätzen. Durch Postkarten, die mit einem QR-Code auf die digitale Projektdokumentation verwiesen, wurde das Projekt im analogen Raum öffentlich beworben.

 

Fazit

Mit diesem besonderen Projektkonzept wurden die Teilnehmenden nicht nur in ihrer Identität bestärkt und entwickelten ein neues Verständnis für sich selbst, sondern hinterfragten auch ihre Lebensperspektiven in Düren Süd-Ost. Die selbstbestimmte künstlerische Praxis förderte ihr schöpferisches und gestalterisches Können sowohl im analogen wie auch im digitalen Bereich. Darüber hinaus setzte sich das Projekt zum Ziel, die Jugendlichen aus dem Stadtteil zusammenzubringen. Durch den Austausch von Gemeinsamkeiten und Unterschieden wurden sie ihrer Lebensrealitäten vor Ort bewusster und ihre Gruppenzugehörigkeit gestärkt.

Insgesamt empfanden die Jugendlichen das Kunstprojekt als eine so große Bereicherung, dass sie sich weitere Projekte im Haus des Gemäldes wünschen. Die Möglichkeit, ihren schöpferischen Prozess frei gestalten zu können, sich in den Arbeitsschritten gegenseitig zu unterstützen und eine Vielzahl an gestalterischen Techniken auszuprobieren, trug dazu bei, dass die Jugendlichen sowohl in ihrem Auftreten als auch in ihren Entscheidungen mehr Selbstbewusstsein gewinnen konnten. Durch die reflexive Begleitung konnten die jungen Menschen nicht nur für sich selbst, sondern auch füreinander und darüber hinaus verdeutlichen, dass ihre Perspektive auf das Leben in Düren wertvoll und bedeutsam ist.

Hier geht es zur Dokumentationsbroschüre.

 

Kontaktdaten

E-Mail: info[at]haus-des-gemaeldes.de
Telefon: 0160 32 67 003

Fotos von: Baruch Bürger und Tanja Bürger

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